Toxic Positivity ist das Gegenteil von echter Achtsamkeit. Statt zuzuhören, wird relativiert. Statt zu fühlen, wird weggelächelt. In sozialen Netzwerken ist das Prinzip omnipräsent: „Sei dankbar!“ – selbst wenn es nichts gibt, wofür man dankbar sein kann. Wer öffentlich über Leid spricht, wird schnell abgewertet. Die Message: Denk positiv oder schweig. Doch dieser Druck macht krank. Und er entwertet menschliche Erfahrung.

Toxic Positivity klingt freundlich – ist aber Gewalt

„Sei froh, dass du überhaupt einen Job hast.“
„Beschwer dich nicht – anderen geht’s schlechter.“
„Du musst nur die Perspektive wechseln.“

Was wie Motivation klingt, ist in Wahrheit eine subtile Form von Gaslighting. Toxic Positivity negiert den Schmerz. Und das unter dem Deckmantel von Licht und Liebe. Wer diese Haltung verinnerlicht, beginnt sich selbst zu misstrauen: Bin ich zu negativ? Bin ich falsch?

In Wahrheit sind es oft die anderen, die keine Kapazität haben, Schmerz auszuhalten. Also wird er abgewertet – mit Smileys und Kalendersprüchen.

Warum echte Emotionen stören – und doch nötig sind

Negative Gefühle sind unbequem. Sie lassen sich nicht liken, nicht monetarisieren, nicht effizient verarbeiten. Deshalb gelten sie auf Social Media als Störfaktor. Toxic Positivity schafft eine Kultur der emotionalen Gleichschaltung. Was nicht glücklich macht, wird ignoriert.

Aber: Wer den Schmerz nicht zulässt, bleibt darin stecken. Nur echte Gefühle – auch die dunklen – bringen Veränderung. Und Nähe. Ohne sie bleibt alles Fassade.

Was gegen Toxic Positivity hilft

Zuhören statt bewerten. Aushalten statt umdeuten. Wer anderen wirklich begegnet, stellt keine Forderungen an ihre Gefühlslage. Es reicht, präsent zu sein. Und manchmal ist der wichtigste Satz: Du darfst wütend sein. Du darfst traurig sein. Du musst gar nichts – schon gar nicht dankbar sein.

Welche Sätze haben dich klein gemacht, obwohl du nur ehrlich warst? Schreib sie auf – und setz ein Zeichen gegen Toxic Positivity. Zeig, dass echte Gefühle Platz haben.

Quelle: MEEON #46
Text: Sag mal danke! – Toxic Positivity auf Social Media
Bilder: MEEON