Creatorinnen und Creatoren liefern Content, Plattformen kassieren Milliarden. Wer profitiert wirklich? Eine Analyse der Creator Economy zwischen Anspruch und Realität.

Einstieg – Applaus ohne Auszahlung

Likes, Views, Shares. In der digitalen Welt ist Aufmerksamkeit die neue Währung. Doch während Creatorinnen und Creatoren tagtäglich Inhalte liefern, verdienen vor allem die Plattformen. TikTok, Instagram, YouTube: Sie wachsen im Milliardenmaßstab – aber der Großteil der Menschen, die sie mit Inhalten versorgen, erhält nur wenig zurück. Die Creator Economy verspricht Unabhängigkeit und Erfolg. Die Realität ist oft: Viele arbeiten ohne angemessene Vergütung.

Monetarisierung – eine Rechnung, die selten aufgeht

TikTok zahlte lange nur 2 bis 4 Cent pro 1.000 Views. Inzwischen liegt der neue „Creator Rewards Program“ bei 0,40 bis 1 Dollar pro 1.000 Views – aber nur für Videos über eine Minute Länge. Wer regelmäßig Millionen-Aufrufe erzielt, verdient ein überschaubares Honorar. Und wer nicht viral geht, verdient meist gar nichts. Auf YouTube Shorts sieht es ähnlich aus. Creatorinnen und Creatoren berichten von vielen Stunden unbezahlter Arbeit, um Sichtbarkeit zu erzeugen – in der Hoffnung auf Markenkooperationen, die zunehmend algorithmisch vermittelt werden.

Plattformen profitieren – bei wenig Transparenz

Meta, ByteDance und Google erzielen Milliardengewinne mit Werbung, die auf der Basis unbezahlter Inhalte ausgespielt wird. Der wirtschaftliche Wert entsteht durch die kreative Arbeit anderer – deren Anteil am Ertrag jedoch minimal ist. Was wie eine offene Plattform wirkt, ist oft ein zentral gesteuertes Geschäftsmodell: Die Infrastruktur gehört wenigen, die Inhalte vielen. Rechte? Kaum. Beteiligung? Selten. Transparenz? Noch immer ausbaufähig.

Die Creator Economy – eine Herausforderung für viele

Die globale Creator Economy wird auf rund 250 Milliarden Dollar geschätzt. Doch der Großteil dieser Summe fließt an eine kleine Gruppe besonders erfolgreicher Accounts. In Deutschland posten laut Studien mehrere Hunderttausend Menschen regelmäßig, aber nur wenige können davon leben. Die Vorstellung, dass „alle es schaffen können“, ist trügerisch. Ohne Kapital, Strategie und Sichtbarkeit ist der Einstieg schwierig. Viele Creatorinnen und Creatoren arbeiten unter unsicheren Bedingungen, oft ohne Planungssicherheit.

Deutschland: digital ja, engagiert begrenzt

Rund 93,5 % der Deutschen sind online, aber nur 51 % nutzen Social Media aktiv. Der Rest scrollt, konsumiert – aber beteiligt sich selten. Kommentieren, teilen, diskutieren? Bleibt häufig aus. Das beeinflusst auch die Mechanismen der Sichtbarkeit: Denn Algorithmen belohnen Interaktion – nicht zwingend Qualität. Wer keine Resonanz bekommt, erhält weniger Reichweite – und damit sinkt auch die Chance auf monetären Erfolg.

Was bleibt, ist Ernüchterung

Viele Creatorinnen und Creatoren berichten von Erschöpfung. Von mentaler Belastung. Vom Gefühl, viel zu investieren und wenig zurückzubekommen. Wer nicht regelmäßig Inhalte liefert, verliert an Sichtbarkeit. Wer sichtbar bleiben will, muss in Technik, Zeit und Wissen investieren. Die Creator Economy zeigt damit auch strukturelle Ungleichheiten: Die Plattformen profitieren – die Mehrheit der Inhaltsschaffenden kämpft um Reichweite und Anerkennung.

Was sich ändern sollte

Plattformen sollten zu mehr Fairness verpflichtet werden: durch transparente Vergütungsmodelle, gerechtere Beteiligung an Werbeerlösen und nachvollziehbare Regeln für algorithmische Sichtbarkeit. Creatorinnen und Creatoren benötigen Schutz, Beteiligungsrechte und wirtschaftliche Perspektiven. Eine lebendige digitale Öffentlichkeit braucht faire Rahmenbedingungen – und echte Teilhabe.

Wie sollte eine gerechte Creator Economy aussehen? Wer verdient Sichtbarkeit – und wer das Geld dahinter? Diskutiere mit uns und gib deiner Meinung Raum.

Quelle: MEEON #17
Text: Die Zahlen, bitte
Foto: MEEON